(oder auch "Schwanz in den Thai" wie mein Freund Ralle zu sagen pflegt)
Nachdem ich mich mit einer Dr. Oetker Ristorante Pizza Pepperoni Salame Piccante und einem kühlen Schlüssel Alt aus der Ploppflasche gestärkt hatte, ging es los zum "Ab der Fisch", einer Kneipe in Pempelfort, die wie jedes Jahr zur "Tanz in den Mai"-Party geladen hatte. Berichten zufolge, "soll das da Tanz in den Mai“ ganz gut sein und nicht wie sonst". Darauf konnte ich mich also einlassen, denn "sonst" mag ich den Laden eigentlich nicht so gerne. Das „Ab der Fisch“ auf der Ecke Tußmann-/Moltkestr. erfreut sich erstaunlicherweise großer Beliebtheit. Vielleicht liegt es an der Ecklage, oder an dem idyllischen "Biergarten" direkt an der Kreuzung oder an dem überteuerten Essen oder einfach an der Tatsache, daß es der älteste Laden in der Ecke ist. Man weiß es nicht. Ab und zu trinke ich mangels Alternativen dort auch mein Bier.
Wir gingen also da hin, zumal es nur zum Vorglühen dienen sollte, bevor es weiter ins "Les Halles" ging. Der Laden war gegen 20:30 Uhr schon passabel gefüllt. Die Tische waren rausgeräumt, hinten in der Ecke stand ein Tisch mit zwei CDJs, davor war Platz für die noch gähnend leere Tanzfläche. Aber es war ja auch noch früh am Abend. Zwei von uns waren schon früher da und hatten einen Platz an der Fensterseite belegt, direkt neben zwei Enddreissigerinnen mit indiskutablen Kurzhaarfrisuren und extravaganten Kassengestellen, von denen die eine sich zur Feier des Abends mal in ein Camouflage-Outfit von Takko gewagt hatte. Leider passte der Rest des Hettlage-Ensembles nicht wirklich dazu. Schade.
Ein weiteres Phänomen am „Fisch“, das sich auch heute wieder zeigte, ist folgendes : Ich kenne so gut wie keine Sau dort. Und das ist seltsam, denn der Laden ist ja um die Ecke. Das Publikum ist Ende zwanzig bis Ende vierzig, von Schicki bis Öko ist alles vorhanden. Immer wenn ich mal da bin, werde ich das Gefühl nicht los, daß es sich bei den „Ab der Fisch“-Gästen um eine Art Kommune handelt, die sich - von Singledasein, Job und Studium frustriert - dort unter Seinesgleichen in aller Ruhe austauschen kann.
Die Bierversorgung stimmte an diesem Abend, will sagen, der Kellner war „auf zack“, was im Sommer draußen oft anders ist. Obwohl ich als Düsseldorfer kritisieren muß, daß der Kellner Pilsbier an diesem Abend deutlich besser promotete als Altbier, was vermutlich eher wirtschaftliche als ideelle Hintergründe hat. Und er fuhr auch nicht schlecht damit, denn viele der MaitänzerInnen wollten Trendbier in Klarglasflaschen, wahlweise auch mit Lemonflavour.
Gegen ca. 21:30 Uhr wurde die Tanzfläche von einem Mittdreißiger mit hoher Stirn und viel zu großem knallgelben Poloshirt eröffnet, das er total lässig mit einem schon durchgeschwitzten Longsleeve kombiniert hatte. Er hatte es sich auch nicht nehmen lassen, seine fünfährige Tochter (vermutlich aus wilder Ehe) mitzunehmen, die natürlich von allen umstehenden Frauen totaaal süß gefunden wurde. Ich vermutete hinter seinen Tanzversuchen jedoch eiskalte Berechnung, denn diese grobmotorische Beschäftigungstherapie hatte wohl eher das Ziel, die Kleine spätestens um 22 Uhr todmüde getanzt, ins Bettchen zu bringen, damit anschließend die Bahn für einen ordentlichen Suff frei war. Vom Tanzfieber des ungleichen Paares angesteckt, legte kurz danach ein dafür umso perfekteres Pärchen eine flotte Sohle aufs Parkett. SIE, mindestens 1.90m groß und für Ihre Verhältnisse entsprechend aufgebrezelt, und ER, nur wenige Zentimeter kleiner, ebenfalls mit hoher Stirn und einer katastrophalen Jeansjacke, die man nun wirklich nicht anzieht. Nach kurzer Aufwärmphase gingen sie sogar zum Engtanz über, was Beiden eine respektable Schweißschicht auf die Stirn zauberte.
Die nächsten Protagonisten auf der Tanzfläche waren ein Paar, das sich zweifelsohne über das Internet kennen gelernt hatte und heute mal beim ersten persönlichen Date feststellen wollte, ob man sich genauso supi finden würde, wie hinter der Anonymität des Internets. Naja, und entsprechend ambitioniert legten die Beiden dann auch los. Da wurde an Platz nicht gespart, als man sich in Rage tanzte.
Der DJ, ein Überbleibsel aus dem alten „Porky's“ war übrigens in der Zwischenzeit auch hinter seinen CD-Spielern aufgetaucht und mixte von nun an selber. Zu Anfang waren wir noch von einer Mix-CD mit nicht mehr ganz so aktuellen Housesounds bespaßt worden. Der DJ machte seine Sache nicht schlecht, wandelte jedoch auf einem schmalen Grad mit seiner Musikauswahl, denn zwischen echten Funkkrachern, die ich noch aus der guten alten Zeit des legendären „Face“-Clubs kannte, spielte er auch zahlreiche abgedroschene Klassiker, die man auf jeder „Funk & Soul Hits der 80er“-CD findet. Leider behielt er recht, denn den Tanzwütigen gefiels und der Laden war mittlerweile ziemlich rappelvoll.
Wir beschlossen, und das Trauerspiel nicht länger anzusehen und etwas früher als sonst, „auf jeden Fall nach dem einen Bier“ schon gegen 22 Uhr zum „Les Halles“ rüber zu gehen, denn dort könnte man sich ja dann noch schön eine freie Sofaecke aussuchen. Das hätten wir auch mal besser gemacht, denn als wir um ca. 22:30 Uhr, den wegen der Großbaustelle geschlossenen Zugang zum Güterbahnhofgelände passierten, sahen wir schon aus Entfernung eine niemals in diesem Ausmaß zuvor gesehene Schlange vor der Tür. Und uns trennten ja noch weitere fünf Fußminuten vom Ziel, was die Schlange leider auch nicht schrumpfen ließ.
Mein Versuch, mithilfe meiner Clubkarte schnellen und bevorzugten Zugang zu erhalten scheiterte kläglich, denn „die gilt ja nur freitags und samstags“. Okay, also war Warten angesagt. Es ging nur langsam voran, was zum einen an der unterbesetzten Kasse und zum anderen an den selbsternannten VIP-Gästen lag, die immer wieder dreist an der Schlange vorbei, von den nie zuvor gesehenen Türstehern rein gelassen wurden. Nach einer Dreiviertelstunde, waren wir alle wieder nüchtern, ordentlich durchgefroren und endlich drin.
Der erste Schock kam beim Eintreten: Die Sofaecken waren heute überhaupt nicht voll, weil gar nicht vorhanden. Der sonst so chillige Vorraum des „Les Halles“, gleichzeitig mein Lieblingsaufenthaltsort dort, war in eine Riesentanzfläche umfunktioniert worden, im „Club“ konnte man an diesem Abend dinieren. Der Laden war ebenfalls rappelvoll, so daß die lange Wartezeit vor der Tür gerechtfertigt war. Entsprechend „supi“ lief es dann auch bei den Getränken. Völlig unterbesetzte Theken mit Thekenkräften, die sich trotz des Andrangs immer wieder auf einen netten Plausch mit den Gästen hinreißen liessen, waren restlos überfordert.
Nachdem ich meine erste Ploppflasche Uerige Alt in den Händen hielt war dann die Welt wieder in Ordnung. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt als „DJ Trudio“, ein meiner Meinung nach völlig überbewerteter Plattenaufleger ohne Daseinsberechtigung, die Turntables übernahm. Denn von da an ging das Musikniveau steil bergab, ähnlich schlimm wie im „Ab der Fisch“ zuvor, mit dem negativen Höhepunkt, daß ich mir in einem echt angesagten Club den Goleo-WM-Song von Bob Sinclair anhören durfte. Zum Glück blieb er insgesamt einigermaßen housy, so daß der Audienz sein wöchentlich wiederkehrendes Freitagsabendset mit Klassikern wie „Word up“ und „Last night a DJ saved my life“ erspart blieb. Danke dafür!
Nächstes Jahr wird alles gut.